Veranstaltungen

FILMREIHE
Zeughauskino, Berlin, 17. bis 30. Oktober 2014

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FR 17.10. um 20.30 Uhr
Zu Gast: Margit Czenki
Das zweite Erwachen der Christa Klages
BRD 1978, R: Margarethe von Trotta, B: Margarethe von Trotta, Luisa Francia, K: Franz Rath, D: Tina Engel, Katharina Thalbach, Silvia Reize, Marius Müller-Westernhagen, 93‘ · 35mm

Frei nach der erstaunlichen Tat der „Banklady“ Margit Czenki wagt eine Kindergärtnerin mit zwei Freunden den Überfall auf eine Bank, um mit dem Geld ihren Arbeitsplatz, einen vernachlässigten Kindergarten, zu retten. Die Räuber erzwingen die Beute, indem sie einer jungen Bankangestellten die Pistole an die Schläfe halten.
Die zwischen Idealismus und Terror changierende Stimmung des Debütfilms von Margarethe von Trotta erinnerte das Publikum 1978 unmittelbar an die RAF. Der Furor der Tat mündet in eine dramatische Flucht, zudem wird das Geld vom Kindergarten abgelehnt. Werner, der übrig gebliebene Komplize, kommt wie Jean-Paul Belmondo in Außer Atem um. Die Kindergärtnerin findet nur vorläufig Zuflucht bei ihrer Freundin, einer frustrierten Offiziers-Gattin. Die Bankangestellte setzt sich indes aus freien Stücken und zunehmend fasziniert auf ihre Spur. Veränderung ist machbar. – Margit Czenki gelang es später nur unter großen Schwierigkeiten, ihre Erfahrungen in eigenen Filmen zu verarbeiten. (len)

 

F59331_01Sa 18.10.2014 um 19.00 Uhr
Was soll’n wir denn machen ohne den Tod
BRD 1979, R/B/K: Elfi Mikesch, 101‘ · 16 mm

Vorprogramm:
Der Anschlag BRD 1984, R/B/P: Pia Frankenberg, D: Pia Frankenberg, Klaus Bueb, 9‘ · 35 mm

Endlich eine Tat! Hinreißend findet ein Mann in Der Anschlag die Ohrfeige, die ihm das Alter Ego der Filmemacherin Pia Frankenberg völlig unmotiviert in einer Hamburger Bar verpasst. Anderntags verteilen sie zusammen kräftig Ohrfeigen an Straßenpassanten und provozieren damit freche Gegenaktionen. Ist das Kunst oder alberne Keilerei? Ein listiger Kommentar auf Ressentiments gegen die Kunst.
„Wie sonderbar sind diese Wesen, die, was nicht deutbar, dennoch deuten …“ Zeilen aus Hofmannsthals Der Tor und der Tod gehen Käthe und Traute, den heiteren alten Damen in Was soll’n wir denn machen ohne den Tod leicht von den Lippen. Die beiden haben sich in einer Hamburger Altenpension gefunden. Offen für die Zuwendung, die ihnen Betreuer und jüngere Pensionsgäste in dem surreal anmutenden Haus zukommen lassen, erzählen sie Geschichten aus ihrem Leben, als wären es Traumreisen. Elfi Mikesch zeichnet das zärtliche Portrait eines ungewöhnlichen Miteinanders. Alt und Jung in einer Stimmung gelassener Melancholie. Poesie des Augenblicks macht die Hinfälligkeit vergessen. (len)
Zu Gast: Elfi Mikesch

 

SO 19.10. um 20 Uhr + DI 28.10. um 20 Uhr
Seitensprung
DDR 1980, R: Evelyn Schmidt, B: Jürgen Kruse, Evelyn Schmidt, K: Jürgen Kruse, D: Renate Geißler, Uwe Zerbe, Renate von Wangenheim, 85‘ · 35 mm
Vorprogramm:
Umwege CH 1968, R: Susanne Beyeler, 22‘ · DigiBeta

Die Regisseurin Susanne Beyeler drehte Filme über Emanzipation, Arbeitskampf, Atomausstieg und Kindererziehung. In dem Kurzfilm Umwege lernt Barbara, dass sie von ihrer großen Liebe Abstand nehmen muss, wenn sie ein unabhängiges Leben führen möchte.
Die Frage nach der Emanzipation und Gleichberechtigung der Frau stellt auch Evelyn Schmidt in ihrem ersten langen Spielfilm Seitensprung. Als heraus kommt, dass Wolfgang seine Frau Edith seit Jahren betrügt und ein Doppelleben mit seiner Geliebten Helene und beider gemeinsamer Tochter Sandra führt, muss er sich für eine Seite entscheiden. Die Frage nach den eigenen Bedürfnissen und ihrer Erfüllung in der bürgerlichen Ehe wird erneut gestellt. Die leise und polemische DEFA-Produktion, die keine Lösungen parat hält, sondern den Zuschauer mit Fragen entlässt, wurde ein internationaler Erfolg und lief 1980 im Forum der Berlinale. (bs)

 

DI 21.10. um 20 Uhr + SO 26.10. um 20 Uhr
Bella Martha
D/I/A/CH 2001, R/B: Sandra Nettelbeck, K: Michael Bertl, D: Martina Gedeck, Sergio Castellito, Maxime Foerste, 109’ · 35 mm
Vorprogramm:
Chica xx Mucher D 2010, R/B: Isabell Šuba, K: Jonas Schmager, 12’ · DigiBeta

Männer, Frauen und junge Mädchen in Venezuela. Isabell Šuba kommt ihnen in ihrem Film Chica xx Mucher beim Tanzen, Feiern und Witzemachen nah. Sex scheint in der sinnlichen Atmosphäre allgegenwärtig. Doch viel Körperoptimierung ist notwendig, wenn ein Mädchen sich auf die Hochzeit vorbereitet! Maniküre, Pediküre, Waxing, Peeling, Cremen und Schminken – mit dem Maschinensound der Kosmetik entlarvt der Film den schönsten Tag im Leben von Vaters Prinzessin als Schmerzritual.
Martha Klein hat das Zeug zur besten Köchin der Stadt. Die Perfektionistin lebt für ihren Beruf. Aber als sie nach dem Tod ihrer Schwester ihre achtjährige Nichte Lina zu sich nimmt, gerät der Karriereplan außer Kontrolle. Das fremdelnde Kind zieht ihren raffinierten Gerichten ausgerechnet die Pasta des italienischen Kochs Mario vor, den die Restaurantchefin zu ihrer Entlastung engagiert hat. Sandra Nettelbecks Komödie um Karriere, Kind und schräge Patchwork-Familienmuster war einer der international erfolgreichsten deutschen Filme seines Jahrgangs. (len)
Zu Gast: Isabell Šuba, Sandra Nettelbeck

 

MI 22.10. um 20 Uhr + Mi 29.10. um 20 Uhr
Der Wald vor lauter Bäumen
D 2003, R/B: Maren Ade, K: Nikolai von Graevenitz, D: Eva Löbau, Daniela Holtz, Jan Neumann, 84‘ · 35 mm
Vorprogramm:
Ortsfremd… wohnhaft vormals Mainzer Landstraße BRD 1977, R: Hedda Rinneberg, Hans Sachs, 12‘

Die Frau, das Heimchen am Herd. So war es 1977 noch mehrheitlich, als Hedda Rinneberg das Drehbuch zu Ortsfremd… wohnhaft vormals Mainzer Landstraße schrieb. Umso tragischer, wenn die Frau kein Zuhause und keinen Herd hat, oder beides schlichtweg nicht mehr findet. Hella Welter-Wolf spielt eine Demenzkranke, die durch Wohnsiedlungen irrt und an den Türen von Reihenhäusern klingelt – in der Behauptung, sie sei hier zu Hause.
Auch Maren Ade beherrscht in ihrem Abschlussfilm Der Wald vor lauter Bäumen die Kunst, komische Elemente in tragische Situationen zu integrieren, ohne ihre Protagonistin dabei der Lächerlichkeit preiszugeben. Die Lehrerin Melanie Pröschle irrt durch ihren Alltag auf der Suche nach Verständnis, Nähe und Menschlichkeit. Für ihre Schüler wird sie zum Opfer. Eltern und Lehrer fallen über sie her. Erst versteckt sie sich in der Besenkammer, dann flieht sie aus ihrem eigenen Leben. (bs)

 

Fr 24.10. um 19 Uhr
Schildkrötenwut
D 2012, R/B: Pary El-Qalqili, K: Aline László, 70’ · Blu-ray, OmU
Vorprogramm:
Krokodile ohne Sattel D 2012, R/B/K/S/P: Britta Wandaogo, 16‘

Kaddi Wandaogo, die Protagonisten von Krokodile ohne Sattel, hat ihre Kindheit halb im Dorf der afrikanischen Großfamilie ihres Vaters, halb in Köln verbracht. Jetzt reist die 14-Jährige zu den Kinderspielen am Fluss zurück, lebt ganz gegenwärtig im Vertrauten und Fremden und fragt sich voller Gefühlsüberschwang, was ihr an sich selbst gefällt.
Pary El-Qalqili, Tochter eines Palästinensers und einer Berlinerin, will wissen, warum der Vater seine Familie in Berlin verließ, um für Jahre nach Palästina zurückzukehren. Wo liegt das Gebiet, das er seine Heimat nennt? Im Gaza-Streifen, in der Wüste Negev, im jordanischen Flüchtlingslager, im Schatten israelischer Sperrmauern in Qalqilia – allesamt Orte, an denen sein zerstreuter Clan Zuflucht suchte? Was meint der Vater, wenn er sagt, er kämpfe für Palästina? Seit er zornig wiederauftauchte, leben die Eltern getrennt unter einem Dach. Aus einem radikal persönlichen Blickwinkel beschreibt Pary El-Qalqili in ihrem Film Schildkrötenwut die explosiven Emotionen, die das Flüchtlingsschicksal in ihrer Familie hinterlassen hat. (len)
Zu Gast: Britta Wandaogo, Pary El-Qalqili

 

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SA 25.10. um 20 Uhr + DO 30.10. um 20 Uhr
Engelchen
D 1996, R/B: Helke Misselwitz, K: Thomas Plenert, D: Susanne Lothar, Cezary Pazura, Sophie Rois, Herbert Fritsch, 91‘ · 35 mm
Vorprogramm:
Enkel der Geschichte D 2012, R: Laura Laabs, 20‘ · DigiBeta

Mode und DDR – dass sich beides nicht ausschloss, bewies Sybille Gerstner als Schöpferin der Modezeitschrift Sybille. Ihre Enkelin Laura Laabs portraitiert in ihrer Kurzdokumentation Enkel der Geschichte eine willensstarke Frau.
Doch was ist das, eine starke Frau? Ramona, die Hauptfigur aus Helke Misselwitz‘ Film Engelchen, gehört auf den ersten Blick nicht dazu. Sie arbeitet in einer Lippenstiftfabrik. Ihre Sehnsucht nach Nähe wird kurzzeitig erfüllt, als sie dem polnischen Zigarettenschmuggler Andrzej in die Arme läuft. Doch Andrzej ist in seinem Heimatland verheiratet und Engelchen nur ein Seitensprung. Ramona kämpft um ihn: Sie wird schwanger und träumt von Hochzeit und Familie. Aber das Glück ist für andere Menschen reserviert.
Zu Gast: Laura Laabs

 


BUCHPREMIERE

„Wie haben Sie das gemacht?“
Aufzeichnungen zu Frauen und Filme

Donnerstag 16.10., 19:00 Uhr
Akademie der Künste, Hanseatenweg 10. 10557 Berlin

Frauen sind heute überall präsent, wo Filme geschaffen, verbreitet und vermittelt werden. Vor knapp fünfzig Jahren brachen sie aus der Marginalisierung auf und reklamierten den öffentlichen Raum für ihre Themen, Visionen und Ausdrucksmittel. Doch ihr Platz ist weder im Kanon der Filmgeschichte noch im aktuellen Film gesichert. Wie sehen Regisseurinnen, Kamerafrauen, Produzentinnen, Schauspielerinnen und Frauen anderer Filmberufe ihren schwierigen Traumberuf unter den neuen technischen, ökonomischen und kulturellen Vorzeichen? Zeichnen sich neue Aufbrüche ab? Wo liegen die widerständigen Potentiale? Eine Revue zur Präsentation des Buches „Wie haben Sie das gemacht? Aufzeichnungen zu Frauen und Filmen“ (Hg. Claudia Lenssen/Bettina Schoeller-Bouju).

Einführung durch Jutta Brückner, (Stellvertretende Direktorin der Sektion Film und Medienkunst, Akademie der Künste Berlin-Brandenburg), Moderation von Ines Kappert

Kurzvorträge: Aysun Bdaemsoy, Rigoletti, Prof. Dr. Gertrud Koch, Belinde Ruth Stieve, Dorothea Neukirchen

Podiumsdikussion: Brauchen wir eine Quote für Regisseurinnen in Deutschland?

Gäste: Kirsten Niehuus (Geschäftsführerin der Filmförderung MBB), Uli Aselmann (Vorstandsvorsitzender der Allianz Deutscher Produzenten), Heike Melba Fendel (Agentin Agentur Barbarella), Anke Domscheit-Berg (Unternehmensberaterin, ehem. Politikerin), Esther Gronenborn (Regisseurin, Vorstand BVR)